Nachdem Corona-bedingt eine Pflegekonferenz in Süddeutschland 2020 nicht stattfinden konnte, fand Sie Anfang Juli 2021 erneut statt. Erstmals digital.
Alleine die Gesichter der Beteiligten an einem Ort zu sehen war für viele eine große Freude. Der anschließende Austausch zu Erfahrungen während der Corona-Pandemie hat viele wichtige Einblicke in den wichtigsten Bereichen der Pflege geliefert. Anwesend waren Vertreter aller wichtigen Bereiche der Pflege des Landkreises. Darunter die ambulante Pflege, Pflegeheime, Demenzberatung, Nachbarschaftshilfe, Betreuungsvereine, Kliniken, Krankenhäuser, verschiedene Stellen der Arbeitsagentur sowie Pflegestützpunkte.
Die Sorge um eine erneute Corona-Welle ist groß. Wir wagen es nicht, den menschlichen Schaden zu prognostizieren, falls sich die Lage nochmals wie im letzten Herbst verschärft. Darum war es eine besondere Gelegenheit, sich auszutauschen und sich darüber Gedanken zu machen, was man verbessern kann.
Viele Themen wurden angesprochen und einige davon wurden sogar mehrmals von verschiedenen Seiten angesprochen. Ein gemeinsames Thema war der Austausch untereinander, der während Corona fast zum Stillstand kam.
“Es wäre gut gewesen, sich im kleinen Kreis austauschen zu können”.
Ein Austausch hat insbesondere in der ambulanten Pflege gefehlt. Am Anfang der Krise standen stationäre Einrichtungen im Vordergrund. Ambulante Pflegedienste mussten beispielsweise für Schutzmaterial regelrecht kämpfen. Die Kommunikation mit Krankenhäusern, insbesondere beim Entlassmanagement, wurde ebenfalls angesprochen. Laut einer Umfrage der BARMER sind 80% der Hausärzte mit den Informationen der Kliniken “teils, teils”, “eher” oder “sehr unzufrieden”. Pflegekräfte wünschen sich ebenfalls einen besseren Austausch mit den Kollegen. Bereits 2019 bemerkte Andreas Haupt, Leiter des DRK-Pflegeheims in Bad Friedrichshall und Vorsitzender des Pflegenetzwerks Heilbronn, dass Entlassmanagement von der Politik gut gemeint sei, es allerdings kaum praxistauglich sei: „Die einzelnen Sektoren arbeiten völlig unabhängig voneinander, und alle basteln jetzt an eigenen Spielregeln, das kann so nicht funktionieren“. Das wurde zum Beispiel während der Pandemie auch von Pflegestützpunkten bemerkt: Patienten wurden entlassen, ohne dass jemand davon etwas wusste. Klare Ansprechpartner sind in solchen Situation entscheidend. Zusätzlich müsse man sicherstellen, dass diese auch erreichbar seien - und das nicht nur telefonisch.
Oft fehlen die Voraussetzungen für den digitalen Austausch. Das muss sofort behoben werden. Wie kann es sein, dass es in Deutschland Ende 2018 mehr als 32 Millionen Nutzer auf Facebook gab, wovon über 29 Millionen Nutzer mobile Endgeräte dafür benutzten, aber wir es nicht schaffen uns gegenseitig besser zu vernetzen? Übrigens: Facebook Nutzer sind längst nicht mehr 18- bis 25-Jährige: in einer Umfrage meinten diese, Facebook sei “langweilig” und es dort “zu viele alte Menschen” geben würde.
Egal ob Pandemie oder nicht: Informationen müssen ankommen. Zum Beispiel ist es sehr wichtig, dass Überleitungsmanagement und die Vernetzung von ambulanter Pflege und Pflegestützpunkte zuverlässig funktioniert. Netzwerkarbeit ist nicht zu unterschätzen, doch leider wurde angemerkt, dass die Zeit dafür fehlt, wenn man mit Einzelfallhilfe überwältigt ist. Zusätzlich waren in der Pandemie die technischen Voraussetzungen nicht gegeben - insbesondere wenn es um datenschutzkonforme Kommunikation ging.
Die Lage hat sich beruhigt. Die Hoffnung bleibt, dass es im Herbst nicht eine erneute Corona-Welle gibt. Allerdings ist Hoffen keine Strategie. Wir müssen vorbereitet sein. Der Pflegenotstand ist in der Pandemie noch deutlicher geworden. Was vor Corona kritisch war, ist jetzt unerträglich. Das geht nicht mehr lange.
Albert Einstein hat gesagt: “Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.”
Es ist an der Zeit, dass wir neue Wege versuchen und Mittel einsetzen, um die großen Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen. Der erste Schritt ist, Netzwerke die durch Corona zerstört wurden und den informellen Austausch wieder nachhaltig aufzubauen. Dieses Mal, digital. Damit sind wir nicht nur vor Pandemien besser geschützt, sondern schaffen bessere Arbeitsbedingungen und werten die Pflege als zukunftsträchtigen Beruf auf.