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Rekord bei Krankenstand in der Pflege und was Sie dagegen tun können

Geschrieben von Martin Jäger | 20.07.2023 09:07:31

Von 100 Pflegekräfte sind 8 krank

Im Jahr 2021 erreichte der Krankenstand in der Pflege einen Rekordwert von 7,72%. Das bedeutet, dass an jedem Tag durchschnittlich 7,72% der Beschäftigten in der Pflege krankgeschrieben waren. Zu den auffälligsten Ergebnissen umfangreicher Analysen der AOK zählt auch die stark zunehmende seelische Belastung des Personals in der Pflege: die Fallzahlen psychischer Erkrankungen haben sich bei Beschäftigten von 2006 bis 2021 um fast 70% erhöht.

Es besteht somit dringender Handlungsbedarf, um die Gesundheit der Pflegekräfte zu schützen und die Versorgung der Pflegebedürftigen aufrechtzuerhalten.

In diesem Artikel beleuchten wir die Ursachen hinter diesem besorgniserregenden Zustand und zeigen auf, was sofort getan werden kann, um den Krankenstand zu reduzieren.

Wieso ist der Krankenstand in der Pflege höher als in jeder anderen Branche?

Im Vergleich zu anderen Bereichen ist der Krankenstand in der Pflege am höchsten. Platz zwei und drei belegen jeweils die Metallerzeugung mit einem Krankenstand von 7,61% und die Entsorgungsbranche mit 7,35%.

Wie kann es sein, dass mehr Beschäftige in der Pflege erkranken, als in Bereichen wo mit offenen Flammen, flüssigem Stahl, giftigem Müll und gefährlichen Lasten gearbeitet wird?

Die Ursachen sind vielfältig, darunter insbesondere:

  1. Physische Belastung: Pflegekräfte müssen oft schwere körperliche Arbeiten wie das Heben und Umlagern von pflegebedürftigen Personen verrichten. Diese körperliche Belastung führt zu einem erhöhten Risiko für Muskel-Skelett-Erkrankungen und Verletzungen.

  2. Emotionale Belastung: Die Pflege ist mit hohen emotionalen Anforderungen verbunden, da die Pflegekräfte täglich mit Krankheit, Leid und Tod konfrontiert sind. Die intensive Beziehung zu den Pflegebedürftigen und deren Familien kann zu emotionaler Erschöpfung und Burnout führen.

  3. Schichtarbeit: Die Pflege ist ein 24/7-Beruf, der Schichtarbeit erfordert. Schichtarbeit kann den Biorhythmus stören und zu Schlafstörungen und chronischer Müdigkeit führen.

  4. Belastende Arbeitszeiten: Neben der Schichtarbeit können auch Wochenend- und Feiertagsdienste die Work-Life-Balance der Pflegekräfte beeinträchtigen und zu Konflikten mit dem Privatleben führen.

  5. Fehlende Pausen und Erholungszeiten: Pflegekräfte haben oft nur begrenzte Zeit für Pausen und Erholung während ihrer Arbeit. Das kann zu einer ständigen Anspannung führen und die Regeneration beeinträchtigen.

Das können Sie SOFORT dagegen tun

Hier sind konkrete Vorschläge, wie im Pflegealltag die Arbeitskräfte entlastet werden können, um den Krankenstand zu reduzieren.

 

  1. Schaffen Sie kurze Dienstwege

    Führungskräfte sollen für ihre Mitarbeiter ansprechbar sein. Berücksichtigen Sie dabei individuelle Bedürfnisse bei der Kommunikation - nicht immer will oder kann sich Ihnen eine Kollegin stellen. Seien Sie trotzdem erreichbar: telefonisch, per Nachricht oder E-Mail.

  2. Priorisieren Sie, wenn es um Sicherheit geht

    Ist der Patientenlifter oder das höhenverstellbare Bett noch nicht angekommen? Dann kümmern Sie sich schnellstmöglich darum. Jede Hebetätigkeit ist für Ihre Pflegekräfte ein unnötiges Risiko. Erleichtern Sie das Heben und Umlagern und verringern Sie sofort das Risiko von Verletzungen.

  3. Kommunizieren Sie klare Prozesse und Verantwortlichkeiten

    Keine Papierzettel mehr. Keine “kurzen Telefonanrufe”. Keine Aufgaben per Zuruf abgeben. Insbesondere PDL und GeschäftsführerInnen sollten darauf achten. Lesen Sie dazu unbedingt diesen Beitrag. Benutzen Sie am häufigsten das Telefon, E-Mail oder Zettel & Stift? Wenn das der Fall ist, verlieren Sie unnötig viel Zeit und Nerven.

  4. Holen Sie sich Unterstützung

    Es gibt sehr gute digitale Arbeitsmittel, die für Erleichterung sorgen. Liegen bei Ihnen viele Ordner rum? Themen wie Dienstpläne, QM, Personalakten und Dienstbesprechungen können problemlos vereinfacht werden.

  5. Vermeiden Sie Einzelverantwortlichkeiten und arbeiten Sie stattdessen in Teams

    So schaffen Sie Entlastung für alle. Anstatt, dass Kolleginnen im Frei noch in den Gedanken bei der Arbeit sind, können sie abschalten. Die PDL sollte immer eine Stellvertretung haben, damit sie im Team arbeiten können, um sich gegenseitig zu entlasten. Pflegepläne kann die QMB schreiben, Dienstpläne eine kaufmännische Angestellte.

  6. Geben Sie die Möglichkeit zum Abschalten

    Verbieten Sie Anrufe oder WhatsApp-Nachrichten in privater Zeit. Hier muss man konsequent sein. Wenn Ihr Pflegedienst es nicht schafft, einige Tage ohne eine Kollegin auszukommen, haben Sie ein größeres Problem. Die Einsatzplanung sollte fair gestaltet sein und ausreichende Ruhezeiten zwischen den Schichten ermöglichen.

  7. Schaffen Sie ein gesunde Arbeitskultur und holen Sie regelmäßiges Feedback ein

    Holen Sie Feedback zum Wohlbefinden der Kolleginnen ein, insbesondere zu Problemen und Herausforderungen. Sprechen Sie offen schwierige Situationen an und planen Sie Zeit ein, z.B. während einer Dienstbesprechung, damit Ihre Kolleginnen sich austauschen können. Nehmen Sie bei Veränderungen die Berührungsängste, indem Sie Möglichkeiten zum Testen und Probieren bieten.

Veränderung ist der einzige Weg

„Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“

- Albert Einstein

Der hohe Krankenstand in der Pflege ist eine ernste Angelegenheit, die nicht ignoriert werden darf. Es ist dringend erforderlich, Maßnahmen zu ergreifen, um die Gesundheit der Pflegekräfte zu schützen und das Wohlbefinden zu fördern.

Wir haben Ihnen konkrete Vorschläge gemacht, die dabei helfen, eine produktive und gesunde Arbeitskultur zu schaffen und zu erhalten. Es gilt, neue Wege einzuschlagen, die anfangs vielleicht nicht beliebt sein werden. Lassen Sie sich davon nicht abhalten - es wird nicht immer leicht sein, aber es wird sich auf jeden Fall lohnen!

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