Mitarbeiter im Pflegedienst benutzen durchschnittlich 7 unterschiedliche Kommunikationsmittel und verbringen im Monat 63 Stunden am Telefon. Sie sehen davon die Hälfte als verschwendete Zeit an, also ca. 31,5 Stunden. Das klingt nach nicht viel? Bezogen auf eine 38-Stunden-Woche macht die verschwendete Zeit am Telefon 21% der gesamten Arbeitszeit aus. Fast eine gesamte Arbeitswoche. Bezieht man das auf das Durchschnittsgehalt einer Pflegekraft, das in Deutschland €2.412 zzgl. der Lohnnebenkosten beträgt, sind das pro Person etwa €650 im Monat. Bei 100 Angestellten kommt man schon auf €65.000 pro Monat, bei 1.000 Angestellten auf €650.000 im Monat bzw. auf knapp €8 Mio. im Jahr.
Das sollte für jede Geschäftsführung ein Weckruf sein. Die Kosten für mangelhaften Kommunikation wurden bereits in vielen anderen Branchen erkannt und entsprechend behoben. Der Erfolg von Firmen wie Slack, Zoom, Google Workspace oder Microsoft Teams zeigt das deutlich an - und das schon lange vor der Corona-Pandemie. Diese hat jedem einzelnen deutlich gemacht, wie wichtig es ist, Informationen miteinander zielgerichtet zu teilen. Der Suchbegriff “interne Kommunikation verbessern” führt aktuell zu 13.300.000 Ergebnisse, “improve internal communication” zu 1.370.000.000 Treffer in der Google-Suche.
Und dennoch tut sich in der Pflege in puncto Kommunikationslösungen wenig.
Dabei ist die Pflege schon seit jeher ein Ort, an dem Mitarbeiter kollaborativ zu unterschiedlichen Zeiten von unterschiedlichen Orten arbeiten - also eigentlich ein Vorreiter der Arbeitswelt 4.0. Die Realität sieht allerdings ganz anders aus.
Wie lässt sich das erklären?
Es liegt zum einen daran, dass diejenigen, die das Problem als solches erkannt haben nicht diejenigen sind, die Entscheidungen treffen können. Anders lässt sich nicht erklären, wieso in zahlreichen Pflegediensten datenschutzrechtlich bedenkliche WhatsApp-Gruppen teilweise heimlich oder mit komplizierten Workarounds eingesetzt werden. Die Entscheider hingegen wissen entweder nichts von dem Problem oder haben das Gefühl, dass andere Sachen wichtiger sind, wie zum Beispiel die Einführung einer neuen Pflegesoftware, mit der man ein paar zusätzliche Funktionen hat, die die alte Software nicht hatte. Dies liegt vor allem daran, dass Kommunikation nur schwer zu greifen ist und von vielen nicht als Basisfunktion des Pflegealltags angesehen wird. Da ist es naheliegender, sich auf offensichtlichere Projekte zu konzentrieren.
Diejenigen, die einen Handlungsbedarf festgestellt haben, setzen oft auf Lösungen wie Signal, Threema oder Slack und stoßen damit schnell an ihre Grenzen, da die Lösungen beispielsweise auf eine technische affine Zielgruppe zugeschnitten sind oder Grundfunktionalitäten zu übersichtlicher, zentral gesteuerter Kommunikation und Zusammenarbeit nicht beinhalten. Damit sind sie für die Pflege nicht geeignet. Und während die Einführung einer zentralen Kommunikationslösung Jahr für Jahr nach hinten verschoben wird, werden Millionen von Euro verschwendet, die man an anderer Stelle deutlich besser hätte einsetzen können.